04.11.2021
Tom Wlaschiha ist ein Fixstern in der Geschichte des internationalen Serien-Booms. Seine Karriere steht für den Wandel einer ganzen Branche. In einer der erfolgreichsten Serien dieses Booms, "Game of Thrones" nahm Wlaschihas internationale Karriere ab 2012 ihren Lauf.
Als der Serien-Boom auch die deutschen Produzenten erfasste, spielt Wlaschiha wieder eine große Rolle. In der Serienadaption des deutschen Kinofilms "Das Boot" gibt er den Chef der Gestapo in La Rochelle. Die Rolle des Hagen Forster ist ein Paradebeispiel für moderne Seriendramaturgie. Kein einfaches Gut oder Böse, dass sich aufs Ensemble verteilt, sondern eine gebrochene Persönlichkeit, die auf der einen Seite als strammer Nazi foltern lässt und dabei zuschaut, auf der anderen Seite sein Herz an die französische Lebensart verliert – und an eine Frau, die eigentlich für die Résistance spioniert. Wlaschiha spielt das sensationell – eine Meisterleistung. Im nächsten Frühjahr ist er in der dritten Staffel von "Das Boot" zu sehen.
Immer, wenn ein deutscher Schauspieler als "unser Mann in Hollywood" bezeichnet wird, in der Vergangenheit etwa Til Schweiger oder jetzt gerade Matthias Schweighöfer, stellt sich die Frage, was Hollywood eigentlich gerade ist. Das alte Studiosystem ist nicht nur von den Streamern herausgefordert, sondern auch von der Pandemie. Alles sortiert sich neu – und Tom Wlaschiha ist schon lange dort, wo das Neue sich jetzt etabliert.
Nächstes Jahr wird er in der vierten Staffel der Serie "Stranger Things" an der Seite von Winona Ryder, David Harbour und Finn Wolfhard spielen. Solche Nachrichten gibt es nicht häufig über deutsche Schauspieler. Lange vor seinem internationalen Durchbruch spielte er in Hollywood-Filmen mit, unter der Regie von Steven Spielberg in "München", neben Tom Cruise in "Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat", ohne jemals viel Aufhebens um sich zu machen. Wlaschiha ist ein unprätentiöser Mann, besonnen, höflich und intelligent. Vor allem aber ist der vom Leipziger Theater kommende Mann eines: ein Schauspieler, der sich genau darauf konzentriert, aufs Schauspiel, und nicht auf die Frage, ob er in Hollywood oder sonstwo vor der Kamera steht.
Zuletzt reüssierte der 48-jährige Sachse Wlaschiha in Italien zum Star. In der amüsanten Netflix-Verfilmung der wahren Geschichte der Roseninsel spielt er einen Deutschen, der in den Sechziger Jahren die Partyszene von Rimini aufmischt.
GQ traf Wlaschiha letzten Sommer während einer Italienreise in Rimini. Beim gemeinsamen Besuch des gerade eröffneten Federico-Fellini-Museums sinniert Wlaschiha über die Regie-Legende Fellini und wie dieser seinen Star Marcello Mastroianni führte. Solche künstlerischen Freiheiten, sagt Wlaschiha im Museum, gebe es heute nur noch selten. Aber selbst, wenn heutzutage unter höchstem Druck produziert wird, ist Tom Wlaschiha der Mann, der unter diesem Druck in all seinen Rollen glänzt.