02.11.2021
Nachdem der Südtiroler Volksheld und Freiheitskämpfer Andreas Hofer 1810 von napoleonischen Besatzungssoldaten gefangen genommen worden war, stellte man ihn vor ein Erschießungskommando. Als ihn die erste Salve bereits getroffen hatte, soll er seinen französischen Henkern der Legende nach zugerufen haben: „Ihr schießt schlecht!“
Egal, ob sich diese Geschichte tatsächlich so zugetragen hat oder nicht, steht sie heute als Chiffre für die Zähigkeit der Südtiroler. Eine Zähigkeit, die auch unseren Journalist des Jahres auszeichnet: Markus Lanz.
Zugegeben: Ganz so schlimm wie ein Erschießungskommando kam es nie für Lanz, aber der Mann aus dem Pustertal musste in Deutschland viel Häme über sich ergehen lassen. Er wurde wahlweise als überengagierter Zappelphilipp parodiert oder als aalglatter Traum aller Schwiegermütter geschmäht. Als er die Sendung „Wetten, dass…“ von Thomas Gottschalk übernahm und damit – zumindest in den Augen der deutschen Medienöffentlichkeit – scheiterte, war die Schadenfreude erneut groß. Und Markus Lanz, der zähe Südtiroler, machte einfach weiter.
Heute können wir uns glücklich schätzen, dass er trotz des medialen Trommelfeuers nicht einfach gesagt hat: „Ihr könnt mich mal, ich geh’ zurück in die Berge“. Denn gerade während der Corona-Pandemie gelang Markus Lanz das Kunststück, seine Sendung zum neuen „Lagerfeuer der Nation“ umzubauen, das uns von Dienstag bis Donnerstag mit verlässlichen Informationen versorgte und Orientierung in unsicheren Zeiten versprach.
„Wir haben mit dem Wendler angefangen und sind bei Laschet geendet“
Es wäre allerdings falsch, Markus Lanz als Krisengewinner hinzustellen. Schon lange vor der Pandemie wurde die Sendung politischer, seine Fragen präziser, die Stimmung mitunter ungemütlicher – zumindest für die Politprominenz des Landes. Wenn Markus Lanz eines nicht ausstehen kann und es deshalb schonungslos entlarvt, dann sind es Phrasen und der rhetorische Nebelkerzen-Weitwurf – eine Disziplin, in der es viele Mandatsträger und Parteisoldaten zur Meisterschaft gebracht haben, mit der sie bei Markus Lanz in der Sendung allerdings regelmäßig scheitern.
„Wir haben mit dem Wendler angefangen und sind bei Laschet geendet“, sagte Markus Lanz kürzlich über die Evolution der Sendung, die er seit dreizehn Jahren moderiert. Vom Wendler zu Armin Laschet ist es in der Tat ein weiter Weg. Vom Wendler zu Barack Obama ist der Weg vielleicht sogar noch ein Stückchen weiter. Der ehemalige US-Präsident gewährte Markus Lanz Ende 2020 ein vielbeachtetes Interview.
Was den Interviewer und Journalisten Markus Lanz auszeichnet, ist, dass er der Gegenentwurf zu einer Zeit der Polarisierung und der Filterblasen ist. Markus Lanz ist in gewisser Weise das Anti-Twitter. Aber nicht, weil er nirgendwo aneckt, sondern gerade dadurch, dass er Vertreter aller Parteien gleichermaßen hart anpackt und ihnen den Weg aus dem Binsen-Dickicht weist.
Ein Spitzenpolitiker habe ihm einmal gesagt, so erzählte es Markus Lanz im GQ-Interview: „Es gibt Abende, da hasse ich Sie so sehr. Und es gibt Abende, da liebe ich Sie so sehr“. Er habe sich dabei nur gedacht: „Genau so muss es doch eigentlich sein“. Das finden wir auch. Und deshalb heißt der „GQ Man of the Year“ in der Kategorie „Journalist des Jahres“: Markus Lanz.
Zu den weiteren Preisträgern in diesem Jahr zählt außerdem Multitalent Felix Lobrecht, der als „Comedian of the Year“ geehrt wird, und Zoe Wees, die als "Newcomer of the Year" ausgezeichnet wird.